Allmorgendlicher Kampf

Jeden Morgen aufs Neue kämpfen wir uns durch – bis Isabella im Bus sitzt. Wir kreisen um die für Isabella essentiellen Themen: Kommt ihre Betreuerin? Kann Sie zum Schwimmen gehen? Was passiert, wenn die Betreuerin nicht kommt? Nebenbei vorsichtiges Schieben in Richtung Anziehen, Ranzen fertig packen, Haare frisieren und … Tablette nehmen.

Die Tablette will Isabella selbst aus dem Blister holen. Welche davon heute dran ist, muss dabei sorgfältig ausgewählt sein. Erst wird geprüft, wie viele Tabletten bereits fehlen, dann wird überlegt, ob eine Tablette auf der linken oder der rechten Seite dran ist.

Wo die Tablette nach Öffnung landet, ist unwichtig. Erstmal muss der Blister wieder glatt gezogen werden und die überstehenden Alufolie-Fetzen abgeknibbelt werden. Wenigstens der Hund hat sich inzwischen daran gewöhnt, geht nicht mehr auf Tablettenjagd, sondern liegt entspannt bei uns.

Auf einmal kann Isabella quasseln wie ein Wasserfall. Alles ist wichtiger. Die Tablette wandert dabei von der linken in die rechte Hand und wieder zurück. Ich kann mich kaum auf das konzentrieren, was Isabella erzählt – immer Uhr und Tablette im Blick.

Dann nimmt sie die Tablette. Alles in Isabella steht auf Abwehr, aber sie nimmt sie wegen des Erbrechens, wegen der Kopfschmerzen. Der Mund wird voller und voller. Ich staune, wie sie es trotzdem schafft, am Ende alles herunterzuschlucken.

Leider ist das nicht das Ende. Immer öfter erbricht sich Isabella wieder im Schulbus auf der Fahrt in die Schule. Der ganze Kampf war umsonst: Quasi keine Antiepileptika genommen, schmutzige Kleidung, ein blödes Gefühl.

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