Goldener Käfig

Isabella hängt sehr an mir. Wenn es nach ihr ginge, würden wir uns zusammenketten und den Schlüssel wegwerfen.

Dass ich Auszeiten brauche und ein Leben neben ihr habe, kann und will sie nicht verstehen. Dabei ist es einerlei, ob ich Unternehmungen ohne sie tagelang vorplane oder spontan anmelde.

Mindestens eine Stunde vorweg fängt sie an sich an mich zu klammern, erklärt mir, dass ich nicht gehen dürfe, sondern bei ihr bleiben müsse.

  • „Ich brauche auch mal eine Auszeit, gehe raus, sammle Kraft und neue Ideen.“
  • „Nein, du bleibst hier.“
  • „Ich bin verabredet, ich gehe. Es wäre auch den anderen gegenüber unfair.“
  • „Ok, ok, ich esse nicht mit Papa. Ich nehme keine Tabletten.“

Das Ende der Diskussion kann ich sehen, aber nicht ändern. Isabella steigert sich immer weiter in die Situation. Am Ende braucht sie ihre Kuscheltiere nicht mehr, kein Playmobil, mit mir redet sie nie wieder und mit Papa macht sie sowieso nichts mehr. All das schreit sie mir mit aller Kraft entgegen. Wenn sie davon Kopfschmerzen bekommt, ist das meine Schuld.

Meine Vorfreude, meine Kraft, meine Energie bröckeln. Aber ich ziehe es durch. Ich sage ihr durchs Schreien, dass ich sie lieb habe und gehe, begleitet von ihren Wutschreien, welche noch bis zur Straße zu hören sind.

Am Dienstag wollte ich eigentlich zum Abend der Begegnung meines ehemaligen Arbeitgebers und eine ehemalige Kollegin treffen. Ich habe es immerhin bis ins nächste Eiscafé geschafft.

Dort beobachtete ich die Menschen in einer Welt, die immer weniger meine ist, der ich mich immer weniger zugehörig fühle.

Vielleicht sah ich so verloren aus, dass mir der Kellner sogar einen Schnaps spendierte. Keine Ahnung, wo das alles noch hinführt.

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