Mein Jahresrückblick 2023: Annehmen neuer Rückschritte

Wir haben lange um das Treppensteigen mit Isabella gekämpft. Dabei bin vor allem ich immer mehr an meine Grenzen gekommen. Die kräftemäßige Unterstützung von Isabella, das Ausbalancieren ihrer Schwankungen und das gleichzeitige Anleiten des nächsten Schrittes über 3 Treppenabsätze waren unglaublich anstrengend. Isabella selbst kämpfte um jede einzelne Stufe. Spätestens im Flur verließen sie die Kräfte. Sie ließ dann ohne Vorwarnung ihre Beine nach vorn rutschen und setzte sich auf den Boden. Eine Herausforderung für mich, da ich sie zunehmend schwerer allein wieder hochbekam. Trotzdem machten wir weiter. Keiner von uns konnte und wollte diesen Rückschritt annehmen. Erst die Ansage unserer Einzelfallhelferinnen, dass es so nicht mehr weiterginge und die Sicherheit nicht mehr gegeben wäre, machte mir bewusst, dass wir etwas ändern mussten. Es fühlte sich an wie eine verlorene Schlacht.

Isabella kannte den Treppensteiger bereits, von einer Akzeptanz im Alltag waren wir jedoch weit entfernt. Ich musste lernen mehr auf meinen Körper, meine Grenzen zu hören und dies entsprechend an Isabella zu kommunizieren. Ich glaube, sie hat ihn schließlich angenommen, weil sie verstanden hat, dass ich das Treppensteigen mit ihr nicht mehr schaffe.

In der Wohnung laufen wir noch mit Isabella. Aber auch diese Tage sind gezählt. Sie ist nur noch einen knappen halben Kopf kleiner als ich. Wenn ich sie von hinten führe, sehe ich ihre Füße nicht, die oft einfach stehen bleiben oder unkontrolliert nach vorn schnellen. Ich sehe nicht, ob sie vielleicht im Türrahmen festhängen. Es ist anstrengend die Wegrichtung zu bestimmen. Nebenbei muss ich Isabella aufrecht halten und blocke sie damit eigentlich noch mehr.

Das zweite große Thema ist der Verlust vieler Interessen. Hierbei ist sicherlich schwer zu unterscheiden, was auf NCL bzw. Pubertät zurückzuführen ist. Ich merke jedoch deutlich, dass sie viele Dinge nicht mehr versteht. Sie kennt die Titel ihrer Lieblingsbücher sehr genau. Wir schaffen es aber nicht mehr, sie zu lesen. Sie kann nicht mehr in die Geschichten eintauchen. Zu viele Einzelheiten überfordern sie, immer mehr Wörter versteht sie nicht. Zum einen ist sie ungeduldig und fordert mich auf schneller zu lesen, zum anderen kann sie mir nicht folgen, schaltet schnell ab und schläft ein. In neue Geschichten findet sich Isabella gar nicht mehr ein. Ich vermisse dieses Kuscheln und Lesen so sehr, diese kleine Blase, in der wir uns gemeinsam in eine Welt versetzen konnten, in der alles möglich war.

2 thoughts on “Mein Jahresrückblick 2023: Annehmen neuer Rückschritte

  • Inken Kränz

    Ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft für dieses Jahr! Noch viele kuschlige Momente für Ihr Herz und fürs Kraft schöpfen. Isabella wünsche ich, dass Sie immer an ihrer Seite bleiben können und die Liebe für ganz schwere Augenblicke reicht. Auch aufopferungsvolle Mütter sind nur Menschen und müssen auch einmal auftanken dürfen und neue Kraft schöpfen.
    Alles Gute für dieses Jahr und für Ihre Familie
    IK

    • Irmi

      Ganz lieben Dank für Ihren Kommentar. Mein Lernprozess ist es, meine Grenzen zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren. Alles Gute auch für Sie!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert