Menschen kommen und gehen

Es ist nach wie vor schwer für mich zu akzeptieren, dass ich bei der Betreuung meines Kindes Unterstützung brauche. Isabella ist oft ein kleiner Energievampir und es ist eine Herausforderung, Zeit mit ihr zu verbringen. Manchmal bin ich einfach nur froh, wenn andere sich mit ihr auseinandersetzen.

Dazu bilden die Menschen, die mit Isabella arbeiten, eine unverzichtbare Stütze. Es gibt nicht mehr viele, mit denen Isabella regelmäßig Kontakt hat und an denen sie sich reiben kann wie andere Pubertierende. Diese wenigen nehmen mehrere Rollen in Isabellas Leben ein: Freundin, Führungskraft, Kommunikationspartner, Unterstützer, Pflegeperson. Der Grat dazwischen ist klein, schnell kann die Situation entgleiten und es folgen Wutanfälle mit Kreischen, Schreien, Treten, Schlagen, Kneifen und alles in Reichweite wird zerstört. So anstrengend diese Wutanfälle sind, sind sie aber auch eine Auszeichnung, da diese nur gegen Personen erfolgen, denen Isabella vertraut.

Diese Menschen sind Wegbegleiter für eine gewisse Zeit. Je kürzer diese ist, umso weniger problematisch. Je länger eine Beziehung andauert, desto größer wird die Fixierung von Isabella auf diese Person. Diese Fixierung macht mir Angst. Es fällt mir schwer, mich auf diese Abhängigkeit einzulassen – sie macht verletzlich.

Die Lücken, die durch einen Abschied entstehen, lassen sich immer schlechter füllen und es ist schwer passenden Ersatz zu finden. Neue Bezugspersonen sollten auf jeden Fall weiblich sein. Aber selbst diese Vorbedingung reicht nicht mehr aus, um an Isabella heranzukommen: Der Anspruch an neue Begleiterinnen steigt exponentiell mit dem Verlust von Isabellas Fähigkeiten. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto mehr lebt sie in der Vergangenheit. Wer keine mit ihr hat, ist draußen.

Ich will niemandem Steine in den Weg legen und bin dankbar für jeden, der sich auf das Abenteuer Isabella einlässt, obwohl er nicht muss – mit allen Konsequenzen. Aber es bleibt ein Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit, wieder allein zu sein, der Wunsch, die Welt auszuschließen, es doch allein zu schaffen.

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