Im Aufräumwahn

Im Aufräumwahn

Bauchgefühle
Das liebe Kind räumt auf. Dabei mistet Isabella rigoros aus - es gibt kein Verweilen, kein Zurückschauen, kein Bedauern. Diese Klarheit und Stärke sind einfach bewundernswert. Auf dem Bild ist nur ein Bruchteil dessen zu sehen, was sie aussortiert hat. Mir fällt es nicht im Ansatz so leicht. Jeder Abschied ist wieder ein abgeschlossenes Kapitel. Isabella ist den aussortierten Dingen nicht entwachsen. Sie kann nur nichts mehr damit anfangen.  Ihr Spielzeug ist bereits sehr überschaubar geworden. Es tut mir so unwahrscheinlich weh. Ich brauche immer lange, um neue Abschiede zu akzeptieren und hinzunehmen.  Isabella zeigt keine äußerliche Regung, aber so ganz unberührt ist sie nicht. Sie versteht viel mehr, als oft vermutet wird. Kognitiv versteht sie das meiste, dass ich sage, zieht immer wieder erstaunliche Rückschlüsse. Nur die Worte fehlen,…
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Eine schwierige Zeit

Eine schwierige Zeit

Bauchgefühle
Die Matheaufgaben für morgen sind vorbereitet. Durchgeplant ist der Montag ebenfalls. Hoffen wir, dass wir mit besserer Stimmung durchkommen als die letzten Montage. Der Alltag fällt mir immer noch sehr schwer. Die Lücke, die meine Mutter hinterlassen hat, ist zu groß. Isabella sorgt sich dagegen mehr um die Hinterbliebenen. Besonders viele Sorgen macht sie sich um Opa, wie er allein in der Wohnung klar kommt und ob er alles schafft. Um Oma muss man sich keine Sorgen machen, ihr geht es jetzt besser. Es ist genau das, was wir erzählen. Aber diese Überzeugung gelebt zu sehen, ist ein eigenartiges Gefühl. Es fühlt sich so an, als hätte Isabella keine Angst vorm Tod, eher scheint sie ihn als Erlösung zu sehen, ihren Körper und die Einschränkungen zurückzulassen.
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Unser Weg

Unser Weg

Bauchgefühle, Unterwegs
Heute haben wir ein paar unserer Kuscheltiere zum Schaukeln ausgeführt. Isabella hatte echt Spaß dabei, hüpfte auf und ab und hat sich überraschend eigenständig beschäftigt. Trotzdem behielt sie ihr Umfeld wieder genau im Ohr. Nicht einer kam an ihr vorbei, zu dem sie mich nicht befragte, wer das ist, wo er hingeht und worüber sie reden, wenn es mehrere waren.  Ich sehe, wie gern sie mit anderen Kindern zusammen wäre. Am liebsten hätte sie es gehabt, wären die vorbeilaufenden ehemaligen Freundinnen bei ihr geblieben. Aber leider gibt es keine Gemeinsamkeiten mehr. So schaukelte Isabella weiter mit ihren Kuscheltieren. Ich habe aufgegeben, die Brücke zwischen ihr und den anderen zu sein. Der Abgrund ist inzwischen einfach zu groß. So gehen wir unseren Weg: Ich bin jetzt ihr Spielpartner, mit mir ist es…
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Für immer in meinem Herzen

Für immer in meinem Herzen

Bauchgefühle
Meine Welt geht weiter. Aber die Lücke in mir ist riesig, jeder Atemzug schmerzt, ich kann gar nicht mehr aufhören zu weinen. Mir wurde heute die wichtigste und engste Begleitung in allen Lebenslagen genommen. Meine Mama ist ohne vorherige große Anzeichen gegangen. Isabella hat es bisher gut aufgenommen, da die Bindung aufgrund der fehlenden physischen Nähe nur Bekanntheitsgrad hatte. Allerdings wird es in ihr arbeiten: Vor allem der Zusammenhang, dass sie meine Mama war, wird Isabella zu knabbern geben. Doch es scheint, erst einmal will sie für mich stark sein. Ich hoffe, meiner Mama geht es jetzt besser, frei von körperlichen Gebrechen, frei wie ihr Geist. Auch wenn sie mir unsagbar fehlen wird. Oma mit Isabella - 20.03.2010
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Aller Wochenanfang ist schwer…

Aller Wochenanfang ist schwer…

Bauchgefühle
Im Rückblick habe ich festgestellt, dass es vor allem die Montage sind, die im Ausnahmezustand verlaufen. Kleinste Auslöser führen zu riesigen Explosionen, naja, eher Kettenexplosionen. Die Verzweiflung von Isabella ist fast greifbar, aber ich komme nicht an sie heran. Sie wütet, wirft erstaunlich zielsicher alles was sie in die Finger bekommt nach mir, kneift,  tritt und schlägt um sich. Meine Energie ist futsch bevor wir auch nur aus dem Bett rauskommen. Seit 6:30 Uhr sind wir wach, zum Frühstück schaffen wir es nicht vor Mittag.  In einer ruhigen Minute fragt sie "Was machen wir heute?", aber scheinbar treffe ich mit meiner Antwort nicht das Thema, um dass es ihr geht. Der nächste Wutanfall. Zwischenzeitlich flüchtet Isabella in Hörspiele, um dann die nächste Frage loszuschießen: "Wann kommt mein neuer Wochenplan heute?"…
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Auf der Suche nach Grenzen

Auf der Suche nach Grenzen

Alltag, Bauchgefühle
"Mama? Mama! Mamaaa! MAMA!!!" Noch nicht einmal 2 Minuten bin ich aus dem Zimmer. Kaffee kochen, den Bruder wecken, Badgänge. Jeder einzelne, eigentlich normale Vorgang wird auf diese Weise begleitet. Also beeile ich mich, stehe permanent unter Druck. Schnell zurück sein, bevor Isabella panisch wird. Prompt verzähle ich mich bei den Kaffeelöffeln. Der Bruder murmelt "Geh ruhig zu Isa." Ich habe schon keine Energie mehr, bevor der Tag wirklich losgeht. Homeoffice geht nur, wenn ich mit meinem Notebook neben ihr sitze. Zum Glück muss ich nicht viel telefonieren. Nebenbei muss Isabella überzeugt werden, ihre Tabletten zu nehmen, aufzustehen, zu frühstücken. Nicht ein Schritt läuft von allein, immer ist Überzeugungskraft gefragt. Diese ständige Zuwendung und Geduld wird mit bedingungsloser Liebe belohnt. Immer wieder sagt sie mir, wie lieb sie mich hat,…
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Hilfsmittel – ja oder nein?

Hilfsmittel – ja oder nein?

Bauchgefühle
Ich scheue mich oft und lange Hilfsmittel einzuführen, da ich dann immer den Eindruck habe, den Vorgang des Abbaus zu beschleunigen. Seit wir den Rollator für Wege außerhalb der Wohnung eingeführt haben, ist Isabellas Gleichgewicht immer mehr ins Wanken geraten und sie hat in ihrer Motorik sehr stark abgebaut. Freies Laufen oder Stehen gehen inzwischen gar nicht mehr. Selbst in der Schule wird Isabella eng betreut, um die Gefahr von Unfällen gering zu halten. Trotzdem passieren sie immer wieder. Besonders getroffen hat mich aber der Moment, als Isabella anfing im Sitzen durch die Wohnung zu rutschen, weil gerade niemand verfügbar war. Problematisch ist, dass sie auch nicht mehr allein aufstehen kann und Stabilisierung braucht, um sich aufrichten zu können. Aber bereits die 3 Schritte über den Flur ohne Sicherheit ängstigen sie…
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Wo bleibt das „wir“?

Wo bleibt das „wir“?

Bauchgefühle
Isabella hat meiner Meinung nach eines der schlimmsten Lose getroffen, das einen treffen kann. Bewusst mitzuerleben, wie man immer mehr Fähigkeiten verliert, stelle ich mir unendlich schwer vor. Ich staune immer wieder über ihre Kraft, dass sie immer noch neugierig ist, Träume hat und aus vollem Herzen lachen kann.  Die andere Seite ist die Angst und die Verzweiflung resultierend aus dem körperlichen Abbau, die fehlenden Wörter, die immer größere Unsicherheit in allen Lebensbereichen. Sie kann nicht mehr allein sein, sie kann nicht mehr frei laufen, sie kann nicht mehr allein aufstehen. Diese Wut, Angst und Verzweiflung schreit sie heraus. Manchmal gleicht es einer Reinigung und Isabella ist danach neu geerdet. Manchmal ist es der Auftakt zu weiteren Wutanfällen. Aber was macht diese Krankheit mit ihrem Bruder? Was macht sie mit…
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Menschen kommen und gehen

Menschen kommen und gehen

Bauchgefühle
Es ist nach wie vor schwer für mich zu akzeptieren, dass ich bei der Betreuung meines Kindes Unterstützung brauche. Isabella ist oft ein kleiner Energievampir und es ist eine Herausforderung, Zeit mit ihr zu verbringen. Manchmal bin ich einfach nur froh, wenn andere sich mit ihr auseinandersetzen. Dazu bilden die Menschen, die mit Isabella arbeiten, eine unverzichtbare Stütze. Es gibt nicht mehr viele, mit denen Isabella regelmäßig Kontakt hat und an denen sie sich reiben kann wie andere Pubertierende. Diese wenigen nehmen mehrere Rollen in Isabellas Leben ein: Freundin, Führungskraft, Kommunikationspartner, Unterstützer, Pflegeperson. Der Grat dazwischen ist klein, schnell kann die Situation entgleiten und es folgen Wutanfälle mit Kreischen, Schreien, Treten, Schlagen, Kneifen und alles in Reichweite wird zerstört. So anstrengend diese Wutanfälle sind, sind sie aber auch eine Auszeichnung,…
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